Wieviel Natur geht?

Wir leben davon, was auf unseren Feldern wächst und was unsere Kühe daraus machen. Wie viel Platz ist da für „Natur“ und wo stoßen wir an Grenzen?

Seit Jahren sind die Pacht-und Kaufpreise für Flächen in Futterbau Regionen hoch. Der Biogas-Boom und die Attraktivität von Investitionen in Boden (niedrige Zinsen) haben diese Entwicklung noch befeuert.

Niedrige Erlöse für Milch und Rindfleisch setzen die Milchbauern ohnehin immer wieder unter wirtschaftlichen Druck. Laut Wirtschaftsberatung erwirtschaften die intensivsten Betriebe die besten Ergebnisse. Sie werden als „zukunftsfähig“ beschrieben.

Wie verträgt sich das mit den wachsenden Forderungen nach mehr Biodiversität, Natur, Tierwohl und Klimaschutz auf unseren Betrieben? Im Grunde kaum.

Gelder aus den Töpfen der Länder, des Bundes und der EU finanzieren Programme, die eine extensivere Bewirtschaftung möglich machen sollen. Ihr Umfang ist allerdings nicht ausreichend. Sie haben nicht vermocht, den Artenschwund zu stoppen.

Zudem sind sie häufig nicht attraktiv genug. EU Recht führt oft dazu, dass nur zusätzliche Kosten ausgeglichen werden dürfen. So wird kein echter Anreize gesetzt, einen zusätzlichen Aufwand zu betreiben.

Es gibt also sehr großen Handlungsbedarf, wenn die anstehende Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik das „Artensterben“ auf dem Land wirksam stoppen soll: Auf unseren Feldern – aber auch in unseren Dörfern – denn dort nimmt das Höfesterben weiter seinen Lauf.

Gerade junge Landwirte werden die Frage nicht vermeiden können, ob ein „Weiter so“ für die Mehrheit das Rezept zum Überleben ihrer Höfe sein wird. Sowohl in Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg als auch auf die Akzeptanz in der Gesellschaft und in ihrem direkten ländlichen Umfeld.

Menschen haben Möglichkeiten, sich in die öffentlichen und politischen Debatten einzubringen. Sie können sagen, was auf dem Land und in den Ställen machbar ist und gleichzeitig die sozialen Ansprüche der Landwirts Familien und ihrer Mitarbeiter ausreichend berücksichtigt. Das erfordert Engagement und Ausdauer.

Während in Ausschüssen und Parlamenten um Gelder und Vorgaben gestritten wird, können Bauern und Bürger auf den Dörfern überlegen, was sich ganz niederschwellig auf Feldern, in Gärten oder an Weg Rändern und auf öffentlichen Flächen umsetzen lässt. Dabei werden wir unsere Einstellung dazu, was schön und „ordentlich“ ist, sicherlich überdenken müssen.

Gleichzeitig werden wir herausfinden müssen, wo die Grenzen des Machbaren liegen, um Lebensmittelerzeugung und Naturschutz bestmöglich zu vereinen. Geradezu sichtbar wird diese Aufgabe zum Beispiel im Sommer beim leuchtend gelb blühenden „Jakobskreuzkraut“ JKK.

Während der Weidesaison ist das JKK meist ungefährlich, weil es zumindest von erwachsenen Weidetieren gemieden wird. Im Erntegut zeigt es in der Winterfütterung dann seine Giftigkeit für Kühe, Schafe und Pferde.Wir kommen seit Jahren fast ohne chemischen Pflanzenschutz auf unserem Grünland aus. Sollte sich das JKK weiter verbreiten ( Kiesgruben, Straßenränder, Extensivflächen) und immer öfter auf unseren Flächen auftauchen, dann werden wir das ändern müssen.

Für ökologisch wirtschaftende Betriebe kann das zu einem großen Problem werden. Auch viele Pferdehalter trauen sich nicht mehr, ihr Heu von Extensivflächen zu kaufen.

Allein die Debatte über die Verteilung der Agrargelder wird nicht reichen. Für echte Lösungen müssen Naturschützer und Landwirte dichter zusammendrücken und die Grenzen des Notwendigen und des Machbaren finden.

Jakobskreuzkraut

Autor: Kirsten Wosnitza

Milchbäuerin

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