„Knaller“

Dem Verbraucher wird vorgeworfen, er sei nicht bereit, Lebensmittel ausreichend über den Preis zu honorieren – würde aber stattdessen viel Geld für Silvester Böller auszugeben. Wer ist eigentlich „der“ Verbraucher?

Leider habe ich in den letzten Wochen keine Zeit gefunden, über unseren Hof und aktuelles aus der Landwirtschaft zu berichten. Das Smartphone ist nun schon voll mit Videos, es kann also im Neuen Jahr weiter gehen!

Wir sind noch mitten in der Kalbe-Saison, über die Hälfte der Kühe haben abgekalbt und wollen nun intensiv versorgt werden. Außerdem finden im Winterhalbjahr traditionell unsere „Bauernversammlungen“ statt, denn auf dem Land ist jetzt nur wenig zu tun. Unübersehbar gab es in den letzten Wochen etliche Bauernproteste. Tausende Trecker und Bauern haben ihrem Frust über die Agrarpolitik Luft gemacht. Wir haben an einer Veranstaltung in Schleswig-Holstein teilgenommen. Unsere persönliche Meinung ist, dass es bisher zu wenig konkrete Forderungen und Lösungsvorschläge gab, wie eine notwendige Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Bauern mit einer gesellschaftlich akzeptierten und gewollten Landwirtschaft vereinbar sein kann.

Und nun bin ich heute über ein Video gestolpert, in dem ein Landwirt sein Unverständnis über die Verbraucher äußert, die nicht bereit seien mehr Geld für Nahrungsmittel (beispielsweise aus seiner Direktvermarktung) aus zu geben und stattdessen bis zu mehreren hundert Euro in Silvester Knaller investieren würden.

Mich macht das nachdenklich. Viele Landwirte haben das Gefühl, die Gesellschaft zeige immerzu auf sie, mache sie für alles verantwortlich und betreibe Bauernbashing. Tun wir uns Landwirte einen Gefallen, wenn wir nun in ein Verbraucherbashing verfallen? Und wer ist überhaupt dieser Verbraucher? Gehören Landwirte nicht zu dieser Gruppe?

Kaufen all diejenigen Landwirte, die morgen zu Silvester ihre Knaller anzünden beim Gemüsebauern nebenan und beim regionalen Schlachter vor Ort? Oder werden diese Landwirte in der nächsten Woche wieder jene Verbraucher in der nächsten Woche beim Aldi an der Kasse treffen?

„Wir bitten zu Tisch“ – so lautete das Motto der Demos von Land schafft Verbindung. Ein gutes Motto. Es sollte uns Landwirte mit einschließen.

Autor: Kirsten Wosnitza

Milchbäuerin

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