Warum unsere Zimmerdecken so niedrig sind

Warum streut ihr eigentlich Kunstdünger anstatt Bio auf eurem Hof zu machen?

Werden wir nicht nur häufig von anderen gefragt. Darüber haben wir selbst oft genug nachgedacht. Und es gibt verschiedene Antworten darauf. Einige mögen auch Ausreden sein, weil uns der Mut für alternative Wege fehlte, als wir den Hof 2004 übernommen haben.

Wir sind keine Hoferben. Und haben uns doch für die praktische Landwirtschaft entschieden. Wir wollten eine Zukunft mit Kühen und zwar auf der Weide. Wir hatten praktische und theoretische Ausbildung und jeden Monat eine Menge Zahlungen zu leisten, um den Hofes (7 Hektar plus Stallungen, Tieren und Inventar) zu erwerben und die Pachten für den Rest des Landes zu bezahlen.

Am Ende bestimmt aber vor allem auch der Standort, an dem sich unser Hof befindet darüber, wie wir ihn bewirtschaften: Magere, sandige oder auch mal anmoorige Böden eignen sich teilweise nur für Dauergrünland. Sofern es denn genug regnet. Höher gelegene Stücke können sofern sie nicht in der Erosionskulisse (Wind!) liegen auch geackert werden.

Die Grundlage des Ertragsniveaus liefert also der Standort. Unser Dorf heisst Löwenstedt, entstanden aus „Lyngsaet“ aus dem dänischen – Dorf im Heidekraut.

Das Dorf liegt auf der Geest, was aus dem Plattdeutschen kommt und so viel wie „güst“ unfruchtbar und karg bedeutet. Man spricht auch über die 3 K Böden: Kiefern, Kartoffeln, Karnickel. Das vierte K kam mit dem Kiesabbau dazu.

Um 1870 wurde unser Hof außerhalb des Dorfes aufgesiedelt, das Heideland urbar gemacht. Der Wohnhaus unseres Hofes ist typisch für die Gegend: Der Ertrag auf den Höfen war so niedrig, dass man sich keine normalen Zimmerhöhen leisten konnte wie in anderen Landesteilen. In unseren Bauern Häusern kann man mit der Hand die Zimmerdecken berühren.

Der Einsatz von Mergel (Kalk-Ton Gemisch), einem hohen Tierbesatz (organischer Dünger) und später von mineralischem Stickstoff, Phosphor, Kali Dünger hat solche Standorte auf ein besseres Ertragsniveaus gebracht und den Bauern Familien das Einkommen gesichert.

Gute Bewirtschaftung hat zum Ziel, den Humus Gehalt und damit die Fruchtbarkeit dieser Böden zu steigern. Auf unserem Grünland (ca. 55 Hektar) versuchen wir das, indem wir es nicht umbrechen und die alten Narben dort wo es geht durch Beweidung zu erhalten und zu verbessern. Auf unseren Ackerflächen (gut 30 Hektar) sind wir noch lange nicht so weit, aber das ist ein anderes Thema.

Aufgrund der recht geringen Ertragskraft unseres Standortes bei ökologischer Wirtschaftsweise haben wir in der Vergangenheit nicht den Mut zu einer Umstellung gehabt. Ökologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe mit vergleichbaren Flächen sind hier selten.

Und so haben wir uns für einen Kompromiss entschieden, indem wir unseren Fokus auf unser Grünland und die Weidehaltung unserer Kühe legen.

Mit unserem heutigen Wissen wären wir vor 20 Jahren vielleicht mutiger gewesen. Dazu hätte es eine bessere Markt–und damit Erlöslage für Milch und Fleisch gebraucht, eine gezieltere Beratung und Förderung und auch ein anderes Wissen, als wir es hatten. Unser finanzieller Spielraum war schlicht zu eng für Experimente.

Ich bin gespannt, wie die Region in 20 Jahren aussehen wird. Es würde mich nicht überraschen, wenn ein Teil der Flächen in extensive Bewirtschaftungen übergehen würden. Besonders die anmoorigen Bereiche. Denn dort kommt es bereits heute vor allem durch die Entwässerung (Drainagen) zu Absackungen, was die Bewirtschaftung von Teilbereichen erschwert.

Wie viele Betriebe werden überleben? Als wir vor fast 25 Jahren hier auf dem Hof begannen, gab es noch 26 Milchviehbetriebe in Löwenstedt. Jetzt sind es noch 12, von denen vielleicht die Hälfte noch regelmäßig mit allen Kühen auf die Weide geht. Wenn sich nichts ändert, dann werden in 10 Jahren nicht mehr als 5 Milchviehbetriebe in unserem Dorf übrig sein.

Autor: Kirsten Wosnitza

Milchbäuerin

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