Kühe fressen Gras – und Kraftfutter

Kühe können eines besonders gut – Gras in hochwertige Nahrungsmittel wie Fleisch und Milch umwandeln. Im Rahmen eines Projektes haben wir heute diskutiert, welche Auswirkungen der zusätzliche Einsatz von Kraftfutter auf die Grünlandbiodiversität haben könnte.

Für die Wintersaison muss das Gras konserviert und als getrocknetes Heu oder als vergorene Silage verfüttert werden. Als Ergänzung zum eiweißreichen Gras oder Klee werden oft energiereiche Mais Pflanzen angebaut und als Silage genutzt. Im richtigen Verhältnis ergibt das eine gesunde Ration für die Kühe und Nahrung für die Menschen.

Und dann gibt es noch Kraftfutter, in der Regel bestehend aus verschiedenen Getreide Arten wie Gerste, Komponenten aus der Soja-, Raps oder Palmölgewinnung können enthalten sein. Über die passende Zusammensetzung entscheidet der Landwirt. Er berechnet aus den Analysen seines Grundfutter (dazu zählen zB Gras, Mais, Klee) was noch fehlt, damit die Kuh gut versorgt ist mit Nähr- und Mineralstoffen, aber auch mit ausreichend „Struktur“ bekommt, damit Stoffwechsel und Verdauung rund laufen.

Warum aber das Kraftfutter on top? Beim Schreiben stelle ich fest, dass ich mir diese Frage noch nie wirklich ernsthaft gestellt habe. Die Kuh könnte ihren eigenen Bedarf zum Wachstum und zur Erhaltung ja aus dem „Grundfutter“ decken. In dem Moment, in dem wir uns bewusst dafür entscheiden, tierische Nahrungsmittel zu nutzen und knappe Ressourcen bestmöglich aus zu nutzen, wollen wir allerdings das Leistungspotential der Kuh zur Milch und Fleisch Bildung nutzen. Es ging und geht auch weiterhin um die Ernährung vieler Menschen mit hochwertigem tierischen Eiweiß.

Alles was on top zum Erhaltungsbedarf gefüttert wird, setzt die auf Milchleistung spezialisierte Kuh nun in Milch um. Das gilt auch für das Kraftfutter. So kann die Effizienz in der Milchviehhaltung gesteigert werden, auch in Bezug auf die Methan Emission durch Pupsen und Rülpsen der Kuh. Bisher ist es auch so, dass von einer Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz für den Milchviehhalter durch einen angepassten Kraftfutter Einsatz ausgegangen wurde.

Gilt das für alle Haltungsformen, Regionen, Betriebstypen? Sind alle Fragestellungen berücksichtigt, alle Auswirkungen auf Tier, Natur, Umwelt und Klima? Die Landwirtschaft muss sich heute mit vielen neuen Themen beschäftigen und Antworten auf neue Fragen finden. Gut, dass es Projekte gibt, die Antworten finden wollen und ganz dicht an der Praxis angesiedelt sind. Heute ging es zum Beispiel darum, welche Auswirkungen ein reduzierter Einsatz von Kraftfutter auf die Grünland Biodiversität haben könnte. Untersucht werden dafür konventionell und ökologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe.

Wir haben uns heute auf einem Milchviehbetrieb im Niederwesterwald getroffen und die ersten erstaunlichen Zwischenergebnisse diskutiert. Für die Veröffentlichung müssen noch die restlichen Daten verarbeitet werden. Schon jetzt für mich spannend – es gibt nicht DEN Milchviehbetrieb, auch wenn die Spezialisierung immer mehr zu einer Standardisierung der Produktionsprozesse geführt hat! Noch sind Betriebe so unterschiedlich wie die Regionen, in denen sie liegen (Klima, Boden, Infrastruktur). Auch die familiären Voraussetzungen, Neigungen und Fähigkeiten der Landwirte nehmen starken Einfluss auf das umgesetzte Betriebssystem. Gerade in Hinsicht auf die Suche nach Möglichkeiten, die neuen Herausforderungen an die Landwirtschaft zu bewältigen, lohnt es sich immer wieder genau hin zu schauen, was die Berufskollegen anders machen als man selbst.

Die Wirtschaftlichkeit der Milchviehfütterung ohne bzw. mit wenig Kraftfutter wurde bereits von Karin Jürgens gemeinsam mit Onno Poppinga und Urs Sperling untersucht. Dazu auch im Interview des SWR bei Report Mainz.

Autor: Kirsten Wosnitza

Milchbäuerin

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